Reise ins Tierschutzzentrum Ditrău vom 14. – 24. Juli 2017

10 Tage voller Ereignisse. Wir konnten viel erreichen, nur leider haben wir Geldsorgen in Bezug auf den Weiterbau der Welpenzwinger und der Quarantänestation. Alles ist leider teurer als angedacht.

Bei Sonnenuntergang im Freilauf mit den Hunden

24. August 2017

Wieder ist eine insgesamt 10-tägige Reise mit allen Höhen und Tiefen der Tierschutzarbeit in Rumänien zu Ende.
Wieder habe ich einen Monat gebraucht, um alle Eindrücke halbwegs zu verarbeiten, denn erst dann kann ich einen Bericht darüber schreiben. Alleine das Sichten tausender Fotos und Videos, die im Verlauf eines Aufenthaltes entstehen, ist eine große Aufgabe, bei der alle Emotionen – die guten und die unangenehmen – wieder an die Oberfläche kommen.

Ein absolutes Hightlight war die Vorbereitung und Durchführung der dreitägigen öffentlichen Kastrationsaktion. Sie war ein großer Erfolg und hat uns in Bezug auf die Arbeit mit den Bewohnern der umliegenden Dörfer ein großes Stück weiter gebracht. Unser Angebot wurde gut akzeptiert und wir konnten dadurch sehr viel Elend, viele ungewollte Welpen und Kätzchen, verhindern.

Frustrierend waren die leider nicht fertig gestellten Vorarbeiten für den Bau der 2. Zwingeranlage. So konnten wir acht hochmotivierten Menschen aus Deutschland nicht wie geplant die Welpenzwinger fertig bauen und einrichten. Obwohl alle Planungen inclusive Bauzeichnungen bereits Anfang April fertig waren und auch die Nachtfröste ab Anfang Mai kein Problem mehr darstellten, wurde der eigentliche Bau erst im Juni begonnen, viel zu spät, um bei eventuellen Schwierigkeiten noch ausreichend zeitlichen Spielraum zu haben, bevor die Helfer aus Deutschland eintreffen. Dazu später mehr ….

Es war schön zu sehen, dass es den Hunden bei uns gut geht, sie sind freundlich, gut genährt und haben ausreichend Platz zum Spielen und Toben. Manche von ihnen hätten allerdings sehr gerne einen Menschen für sich und freuten sich krumme Nasen, wenn wir sie besuchten. Sie strahlen richtig, einige drängeln sich ganz nah an einen, sind regelrecht “menschensüchtig”.

Hunde kuscheln abends im großen Zwingerbereich

Fototagebuch 15. – 23. Juli 2017

Sa. 15. – Mo. 17. Juli

Zu viert sind wir ( Daniela, Lutz, Saskia und ich) gestern nachmittag in Cluj-Napoca gelandet. Eigentlich wäre der Flughafen Târgu Mureș sehr viel näher, aber der ist zur Zeit “kaputt” und ausser Betrieb. Die Landebahn hat Schlaglöcher. So durften wir noch rund 5 Stunden durch die abendlichen Karpaten fahren. Mit netten Leuten zusammen macht das sogar Spaß, selbst wenn man erst einmal über eine Stunde im rush-hour-Stau in Cluj feststeckt.
Heute morgen haben wir ein Rundgang durch das Haus gemacht, denn es gibt eine bauliche Verbesserung im Bereich des Behandlungsraumes: Aus einem großen Multifunktionalen Raum mit viel Durcheinander und nur vage definierten Bereichen für OP’s und für die Aufwachstation haben Agota und ihr Partner Tibi eine Wand gezogen, verputzt und verfliest mit einem kleinen Fenster und einer Tür. So ist die eigentliche Praxis jetzt vom Multifunktions- und Aufwachbereich getrennt. Dadurch ist der Behandlungs- und Kastrationsbereich sehr viel einfacher sauber zu halten, da er geschlossen werden kann, und keine Hunde dort herumspringen. Kosten: 500 €, die sich aber wirklich gelohnt haben.

Nach einem obligatorischen Rundgang durch die Zwinger haben wir uns dann an die Reinigung und die Neueinrichtung der beiden Räume gemacht, sind zum Baumarkt gefahren, haben Lampen, Elektroinstallationsmaterial, Fliegengittermaterial und viele nützliche Dinge gekauft.  Jetzt ist alles wieder schön sauber wie nach dem Neubau im Oktober 2015. Wir hoffen, dass es auch optimal zweckmäßig für die kommende KAstrationsaktion von Donnerstag bis Samstag ist. Beide Räume haben jetzt schöne und funktionale LED-Deckenlampen mit neutralem Licht, die Fenster Fliegengitter und eine improvisierte Abschattung gegen zuviel Sonne, denn es wird tagsüber sehr heiss. Schon recht ungewöhnlich hier in den Karpaten auf über 800 Metern Höhe. Wir hoffen sehr, dass dadurch auch die Arbeit für unseren Tierarzt sehr erleichtert wird. Im OP-Raum kann er jetzt ungestört von Besuchern, oder Mitarbeitern mit jeweils einem Helfer arbeiten.

Neue Aufteilung des Praxisraumes

1. Vorraum in dem die Hunde für die OP gewogen und vorbereitet werden und wo sie anschließend in Boxen wieder aufwachen sollen. Ermöglicht wurde dies durch eine Spende eines Menschen, der nicht namentlich genannt werden möchte. Herzlichsten Dank dafür!

2. der eigentliche Arbeitsraum des Tierarztes

Die Baustelle für die Welpenzwinger

Was leider mal wieder nicht termingerecht fertig war, waren die Vorbereitungen für den Zwingerbau.
Woran das liegt? Nicht am Geld, es waren über 12.100 € auf dem Baukonto. Ende Februar waren Werner A. und ich vor Ort in Ditrau, um die 2. Phase zu besprechen, den Bau der Welpen- und Mutter-Kind-Zwinger. Alles war so weit klar, nur wieder einmal wurde aus tausend Gründen der Baubeginn verschoben …
Als dann im Juni endlich der Bau beginnen sollte, wurde festgestellt, dass der Boden an der für den Bau geplanten Stelle nicht tragfähig genug war, um ein stabiles Betonfudament darauf zu bauen ….
Eigentlich war es da schon zu spät, um noch rechtzeitig fertig zu werden, denn es folgte eine lange Zeit des erneuten Planens, viel Zeit verstrich “nutzlos”. Die konkreten Probleme habe ich im Bautagebuch vorgestellt.

So sieht unser Welpenzwingerbereich aktuell aus. Die Betonverankerungen zur Stabilisierung sind gegossen und das eigentliche Fundament ist vorbereitet. nun warten wir…

Die Hunde im Quarantäne- und Junghunde/Welpenbereich

Wir waren entsetzt, wieviele unkastrierte Junghunde und Hündinnen dort durcheinander herumlaufen und sich munter paarten. Warum, ist mir absolut unverständlich, für Kastras steht immer ausreichend Geld bereit ….
Die Gründe wirken nicht wirklich schlüssig: Der Tierarzt Lehel hat keine Zeit, nach Ditrău zu kommen. Zudem war er jetzt gerade 3 Wochen in Urlaub, etc. Doch schon bei unserem Besuch im Februar hatten wir eindeutig festgelegt, welche Hunde längst fällig bis überfällig waren …

Nun werden wir hoffentlich während der Kastra-Tage auch immer mal zwischendurch Zeit haben, eigene Hunde kastrieren zu lassen. Leider führt diese Situation immer wieder zu Aggressionen und heftigen Auseinandersetzungen unter den Hunden. Das müsste nicht sein, auch gerade deshalb ist es so wichtig, dass die weiteren Zwinger endlich fertig werden.
Ansonsten sind die meisten Hunde in guten Zustand, gut genährt, und überwiegend begrüßen sie uns freundlich bis stürmisch, wir sind eine willkommene Abwechslung.

Im Bereich der großen Zwinger entdecken wir auch noch einige unkastrierte Rüden, doch zumindest sind dort alle Hündinnen unfruchtbar. Einige Hunde benötigen dringend eine gründliche Fellpflege, bei den beiden Pulis Sorti und Jasper ist das Fell total verfilzt und mit Dreck verkrustet. Einfaches Kämmen oder Scheren geht bei beiden nicht, sie müssen sediert oder sogar in Narkose gelegt werden. Eine unserer Aufgaben, wenn der Tierarzt da ist.

Bei dem kleinen Hund Mogli entdecken wir eine offene Wunde, die wir uns genauer ansehen wollen. Mogli ist lieb und freundlich, er wird unser erster Patient in der neu eingerichteten Praxis sein. Erst als wir das Fell ein wenig ausgekämmt und die Haare abgeschnitten haben, sehen wir die übelst infizierten Bisswunden. Eine Misching aus Blut, Eiter und abgestorbener Haut. Es stinkt infernalisch. Levente weiss davon, hat ihm Antibiotika gespritzt, aber von ordentlicher Wundversorgung kann nicht die Rede sein.

Unsere Therapie: Abschneiden der toten Hautfetzen, Gründliches Reinigen der Wunde mit Ringerlösung und zur Heilung Calendula Urtinktur von DHU direkt auf die Wunde und einen sauberen Verband. Das muss dem armen Kerl ziemlich weh getan haben, aber er war unglaublich tapfer und nach der Prozedur gab’s ein bisschen Dosenfutter auf dem Behandlungstisch. Von jetzt an einmal am Tag die Prozedur.

Die Hofhunde beäugen seinen Verband neugierig, Mogli darf im Haus übernachten, denn augenscheinlich wurde er im Zwinger unbemerkt gemobbt, sein ganzer Körper ist übersät mit alten halb verheilten Wunden und schrundigen Narben. Er muss nie wieder in den Zwinger zurück…

Um es vorweg zu nehmen: nach einer guten Woche täglicher Behandlung sahen seine Wunden so aus. Ich staune immer wieder wie gut die Behandlung Calendula-Tinktur wirkt und wie schnell die Haut der Hunde heilt. Aber es bedeutet viel Arbeit und konsequente Behandlung. Und da Levente derzeit 80 Hunde zu betreuen hat, Agota sich überwiegend um den Papierkram, die Organisationsaufgaben rund um Zwingerbau, Futterbeschaffung, Kastrationsaktionen kümmern muss, bleibt für solch ein Behandlung viel zu wenig Zeit.

Unsere organisatorische Misere

Hier kommen wir zu einem ganz großen Problem in unserem Tierheim. Eigentlich wäre es optimal, wenn einmal in der Woche der Tierarzt für ein paar Stunden käme, zusammen mit Levente durch die Zwinger ginge und Notfälle erkennen und behandeln könnte. Leider haben wir diese Möglichkeit nicht, da der einizge zuverlässige und vertrauenswürdige Tierarzt in der Umgebung keine Zeit dafür übrig hat, denn seine eigentliche Arbeit bezieht sich auf das Großvieh wie Pferde und Rinder, seine Kleintierpraxis ist täglich nur 2 Stunden von 16 – 18 Uhr geöffnet. Wir hatten vor über einem Jahr mal einen Versuch mit einem jungen Kollegen gestartet, aber das hat nicht geklappt, gleich bei der ersten Kastration hat er fast eine Hündin verbluten lassen. Auch weiteres Personal, das man einstellen könnte, ist leider nicht zu finden. Die Arbeit in einem Tierheim mit Hunden gilt als sozialer Abstieg, wer mit Hundesch … zu tun hat, steht gesellschaftlich auf der untersten Stufe. Das ist anders als in Deutschland. Ehrenamtliche Mitarbeit wird kaum angeboten. Wenn überhaupt, dann nur gegen Geld. Trotzdem finden sich immer wieder Frauen, die bereit sind mal im Shelter zu helfen, aber nicht regelmäßig.

Leventes Arbeitstag beginnt morgens um 6 mit dem Saubermachen aller Zwinger, während die Hunde im Freilauf herumtoben dürfen. Danach verteilt er Wasser und Frühstück an die Hunde. Die Welpen müssen extra versorgt werden. Das alles dauert bis etwa 13 Uhr. Dann ist Mittagsruhe. In der Zeit sind allerlei andere Dinge im Haus und auf dem Gelände zu erledigen. Mal wird Futter geliefert, mal muss irgendetwas repariert werden…
Gegen 16 Uhr werden die Zwinger erneut geöffnet, gereinigt, es gibt je nach Witterung neues Wasser und vor allem die Junghunde bekommen ein 2. Mal Futter. Kranke Hunde und Welpen werden versorgt, manche mit Medikamenten behandelt … bis es schließlich 8 Uhr am Abend ist. Dann kommen immer wieder neue Hunde an, die ihre Erstversorgung bekommen mit Entwurmung, Entflohung Impfungen …. einige sind verletzt, müssen nach Gheorgheni 20 km entfernt zum Tierarzt gefahren werden… Alles zusammen kein leichter Job und ein sehr einsamer. Menschen kommen höchstens, wenn sie einen Hund loswerden wollen.

Irgendwie müssen wir langfristig einen Ausweg aus diesem Dilemma finden, es würde nicht mal unbedingt am Geld fehlen, sondern es hapert an den Menschen, weil wir keine zu Levente passenden Helfer finden. Vielleicht wird alles besser, wenn endlich die Zwinger fertig sind, dann werden die Reinigungsarbeiten leichter. Der jetzige Junghundebereich und die Quarantäne sind nämlich eine hygienische Katastrophe und schlecht zu reinigen. Zum Glück ist es derzeit trocken.

Geschirr- und Leinentraining

In einer kleinen Facebook-Aktion hatten wir etwas Geld für spezielle Sicherheitsgeschirre gesammelt. Die sind extra für angstliche Tiere so konstruiert, dass sich die Hunde nicht selber aus dem Geschirr befreien können, indem sie “rückwärts aussteigen”. Sie haben zusätzlich zum Brustgurt noch einen Bauchgurt.
Ein solches “Pflegestellen-Geschirr” kostet 20 € und wir haben insgesamt 10 Stück kaufen können. Danke an die SpenderInnen. Natürlich müssen wir langfristig viel intensiver Hunde vermitteln, als bisher. Auch dafür sollen diese Geschirre dann an Pflegestellen oder zeitweilig an die neuen Besitzer ausgeliehen werden. Denn fast täglich kann man auf facebook und in anderen einschlägigen Portalen lesen: “Tierschutzhund entlaufen. Er ist erst seit wenigen Tagen in Deutschland und hat Angst vor Menschen…” Das ist oft der Beginn eines Albtraums für Menschen und Tiere. Immer wieder kommt es vor, dass die sich Hunde aus einem unerwarteten Grund plötzlich erschrecken, in Panik geraten und “kopflos” aus einem einfachen Geschirr oder Halsband befreien. Sie sind nur mit ungeheurer Mühe wieder einzufangen. Viele Hunde werden dabei zu Verkehrsopfern, die nicht nur sich selbst sondern auch Menschen gefährden.

Wir haben uns vorgenommen, ein solches Leinentraining zwecks besserer Vermittelbarkeit auszuprobieren. Es gibt Hunde, die sich regelrecht dafür anboten, nach dem Motto “darf ich bitte dein Hund sein?”. Das Geschirr wurde von diesen Hunden im allgemeinen als nicht weiter störend empfunden. Leinentraining mit Dosenfutter war für die Hunde und für uns ein Highlight.

Saskia mit Vilja

Video auf YouTube von Vilja

Training mit Valeria

Video auf YouTube von Valeria

Lutz mit Mädi
Balina
Balina ruht sich nach dem anstrengenden Tarining auf dem Schoß aus.
Den Vorraum unserer neuen Praxis haben wir abends zur provisorischen Küche umfunktioniert und vegetarisch gekocht.

Feiearbend: Levente mit Bella und Daniela mit Siro

1 Minute abends im Freilauf mit den Hunden, Video auf Youtube