Ein persönlicher Reisebericht von Elke Schmidt 18.-29.August 2019

Der erste Tag der dreitägigen Kastrationsaktion war schneller als ich dachte gekommen. Damit eine solche Aktion Erfolg hat, muss natürlich im Vorfeld Werbung betrieben werden. Diese Arbeit wird in Form von Plakaten, die in den Tagen zuvor in den Orten rund um das Tierheim verteilt werden, geleistet. Hier ist die Kommunikation aller und die Mitarbeit mit den vor Ort für den Verein tätigen Menschen für das Gelingen sehr wichtig und vorhanden. Natürlich lässt sich immer noch einiges verbessern, aber wichtig ist das gemeinsame Ziel, das Vertrauen und den Glauben an den Sinn von Kastrationsaktionen bei den Menschen vor Ort zu wecken und zu aktivieren.

Am ersten Tag der Kastrationsaktion standen hauptsächlich Katzen im Mittelpunkt. Noch bevor Àgota, die Koordinatorin vor Ort der Aktion, und der Tierarzt Lehel am Tierheim eintrafen, standen die Menschen Schlange, um ihre Tiere kastrieren zu lassen. Eingepackt in Kartons, Käfigen und einfach so an der Leine warteten die Menschen mit ihren Tieren, bis sie an die Reihe kamen. Bei strahlendem Sonnenschein und hohen Temperaturen war dies sicher kein Spaß, aber sie warteten mit Ruhe und Geduld. Sie unterhielten sich freundlich miteinander und auch die untereinander fremden Tiere wurden nicht laut und schienen sich der Geduld ihrer Besitzer anzupassen. Wir hörten nach der OP sehr oft ein freundliches “vielen Dank” in deutscher Sprache und so mancher Tierbesitzer war nicht das erste Mal zur Kastrations-Aktion gekommen. Ein Zeichen dafür, dass die regelmäßige und aufwendige Arbeit der letzten Monate und Jahre beginnt, sich auszuzahlen.

Lehel bei der Arbeit zuzusehen war eine große Erfahrung und Bereicherung für mich. Präzise, geschickt und zügig operierte er ein Tier nach dem anderen. Selbst Komplikationen schienen ihn nicht aus der Ruhe zu bringen und er meisterte alle Operationen perfekt.

Manche Tierbesitzer haben selbst nicht die Möglichkeit, in das etwas außerhalb gelegene Tierheim mit ihren Tieren zu kommen. So wurde ein Abhol- und Bringdienst von Àgota organisiert. Mit dem neuen „Post“-Auto war es möglich zahlreiche Katzen und Hunde abzuholen, zu kastrieren und dann auch wieder zu deren Besitzern zu bringen. Ein zeitaufwendiges Angebot, das aber definitiv notwendig ist und perfekt von Àgota und Oliver durchgeführt wurde.

Auch einige Bewohner des Tierheims wurden kastriert, unter anderem der Neuankömmling Bopper, der bereits alt genug für den Eingriff war. Darina wird in den nächsten Wochen erst kastriert werden, da sie auch nach Rücksprache mit Lehel, noch zu jung für den Eingriff war.

Drei Tage lang wurde untersucht, kastriert, geimpft und auch gechipt. Alles ging Hand in Hand und alle Tiere haben die Behandlungen gut überstanden.

Besonders beeindruckt hat mich ein Hirte, der mit seinem großen Herdenschutzhund gekommen war. Voller Stolz blickte er auf seinen Hund, ließ ihn nicht eine Sekunde aus den Augen (und der Hund auch sein Herrchen nicht). Auch bei der OP war er bei seinem Tier und trug das mindestens 40 kg schwere schlafende Tier dann persönlich in sein Auto. Er berichtete stolz von Kämpfen zwischen seinem Hund und Wölfen (die Verletzungen waren noch als Wunden und Narben zu sehen), wobei der Hund jeweils den Wolf in die Flucht schlagen konnte und somit seiner Aufgabe, die Herde zu beschützen, vollkommen gerecht wurde.
Es war erfreulich zu sehen, dass viele Menschen enge Beziehungen zu ihren Tieren haben, auch wenn in Rumänien das Tier im weiten Umfeld noch eine andere Stellung im Hausverband hat, als wir es von Deutschland her kennen.

An einem der Kastrationstage kam dann noch ein Neuzugang.
Toffee (Toffifee), eine bezaubernde vielleicht drei Monate junge Hündin, die von nun an die Hundegemeinschaft und uns Menschen im Griff hatte. Auch für sie wäre es unendlich wichtig, möglichst schnell ein Zuhause zu finden, damit sie weiß wo sie hingehört und entsprechende Erziehung genießen kann.

Natürlich war auch während der Kastrationstage reichlich anderes zu tun.

Eine Hundefriseurin hatte sich angemeldet, um einige mittlerweile sehr zerzauste und mit großen Fell-Placken versehenen Tiere zu scheren und somit wieder zu vorzeigbaren, wunderschönen und beweglichen Hunden zu machen. Die Verwandlung zum Beispiel von Lady von einem zersauselten Etwas in eine wunderhübsche Dame, die ihrem Namen nun alle Ehre machte, war kaum zu glauben.

Während all dieser Aktionen wurde fleißig auch an anderen Stellen weitergearbeitet. Lutz kümmerte sich zum Beispiel um Probleme, die das Stromnetz betrafen. Erste Vorarbeiten für einen neuen Eingang in die Zwingeranlagen wurde vorgenommen, da es, außer für Levente, doch sehr schwierig ist, während des Freilaufes dorthin zu gelangen, ohne dass die Hunde in den Bereich des Gartens oder umgekehrt durchschlüpfen.

Improvisation war, wie immer und immer wieder, angesagt. Überlegungen, was von dem vorhandenen Material genutzt werden kann, was neu dazugekauft werden muss? Dinge waren hinzugekommen, die sich im Verlauf der letzten Monate seit dem letzten Besuch aufgetan hatten, was zum Beispiel repariert oder verbessert werden musste. Alles muss/sollte natürlich auch finanziell im Rahmen bleiben. Es wurde gemeinsam überlegt und Entscheidungen getroffen. Auch hier war für mich sehr positiv zu sehen, wie das Team gemeinsam an die Probleme und Aufgaben heranging und sie löste.

Die Tage standen unter anderem auch im Zeichen der Sorge um die erkrankten Hunde. Wie Harper, die eine schwierige Operation (Oberschenkelkopfentfernung) hinter sich hatte und für die kurzfristig eine Pflegestelle gesucht werden musste (die sich erfreulicherweise gefunden hat) und die auch nachoperativ versorgt werden musste. Auch die Gespräche nach Deutschland und das Besorgen der entsprechenden Papiere nimmt viel Zeit in Anspruch und ist auf den ersten Blick nach außen hin nicht zu sehen, aber es gehört mit zu der Arbeit, die geleistet werden muss.

Da war Kimya, der alte Herr, der auf Grund eines Angriffes einige unschöne Wunden und vor allem auch Hämatome abbekommen hat und der uns aber mit seinem Lebenswillen gezeigt hat, dass er trotz seiner vielen Lebensjahre noch weiterleben will.

Und da waren auch noch die drei Amely-Söhne Aladdin, Ariel und Akimo, die eine operative Rutenkorrektur erhalten haben, da sie sich durch ihre angeborenen, aber leider unbeweglichen Stummelruten immer wieder einkoteten und dies auf Dauer ein echtes Problem für sie wurde. Für deutsche Verhältnisse wurden sie früh, aber nicht zu früh und natürlich unter Beobachtung, wieder zu ihrer Mutter und ihrer Schwester in den Zwinger und Freilauf zurückgebracht. Dies war für mich auch eine spannende Beobachtung, die ich von meiner Reise mit nach Hause genommen habe. In Rumänien läuft die Zeit anders und es ist nicht immer schlecht. Es wird, sei es, weil man es nicht anders kennt, weil vieles nicht machbar ist, oder auch vieles Gedöns einfach nicht notwendig ist, viel lockerer und entspannter mit Erkrankungen und vor allem deren Nachsorge umgegangen und es ist gut so und den Tieren geht es damit gut.

Die letzten Tage nach der Kastration bis zum Abschied standen dann ganz im Zeichen von Ausbesserungen des Tierheimes, der Fertigstellung des neuen Tores, Gesprächen und Treffen mit den Verantwortlichen vor Ort und den Vorbereitungen für den kurzfristig anberaumten Hundetransport nach Deutschland, denn für Lady, Viluna, Harper und Runa hieß es: Deutschland wir kommen.

Und nun noch einmal zu Ella, die ich oben schon erwähnt habe. Ich weiß nicht, ob es jedem so geht, dass man bei seinem ersten Besuch einen Lieblingshund findet oder ob dies nur bei mir der Fall ist. Ella ist eine etwa 40 cm große schwarze, liebenswerte Wuschelhündin, bei der man das Vorne und Hinten nicht immer auseinanderhalten kann. Sie ist mir bereits am ersten Abend im Zwinger aufgefallen. Nicht weil sie sich in den Vordergrund spielte, sondern weil sie verschüchtert aus einer der Hütten schaute und sich nicht wirklich heraus traute. Irgendwie ging sie unter und dennoch zog sie mich magisch an, nicht nur wegen ihres Äußeren, denn es gibt noch einige Wuschelhunde ihrer Art im Tierheim, die ich auch mag und immer wieder angeschaut und gekuschelt habe, aber die bei weitem nicht diese Faszination auf mich ausübten, die Ella auf mich ausübte. Ingrid beschloss, Ella mit nach vorne ans Haus zu den anderen Haushunden mitzunehmen, um zu sehen, wie sie sich dort verhalten würde. Ellas Fell wurde, so gut es ging, von mir geschnitten und entfilzt und sie war in ihrer ruhigen und lieben, Art immer dabei und doch nicht aufdringlich. Sie genoss es gekrault und gekuschelt zu werden und war sehr fröhlich dabei. Sie beschloss aber auch, sich einfach zurückzuziehen und alles andere zu ignorieren. Eine tolle Hündin, die ich leider nicht mit nach Hause nehmen kann, aber der ich so sehr ein gutes Zuhause wünschen würde.