Levente hat unsere provisorische Krankenstation (siehe Oktoberbericht) etwas umgebaut, und zwei separate Boxen daraus gemacht. Da werden Hunde, die direkt von der Straße kommen, aufgepäppelt, bis sie kräftig genug sind, im Tierheim klar zu kommen. Dort finden wir zwei völlig abgemagerte Gestalten, einen Rüden, vielleicht zwei Jahre alt, und einen Junghund von wenigen Monaten. Der erwachsene Rüde ist in desolatem Zustand, sein ganzes Hinterteil ist nackt, die Beine sind so dünn, dass sie den Hund nicht tragen können und das restliche Fell ist eine einzige Filzmatte. Allerdings finde ich keinerlei Hinweise auf Demodex oder Sarkoptes-Milben. Er ist einfach nur nackt. und knochendünn, aber lieb und zutraulich. Seine Augen zeigen Freude. Der Welpe scheint soweit in Ordnung zu sein, nur völlig abgemagert und entkräftet. Soviel wieder einmal zum Thema: Glückliches, freies Straßenhundeleben.
Rex ist schon sehr alt, blind und taub, und reichlich unleidlich. Mir ist aufgefallen, dass es immer schlimmer mit ihm wird. Es ist ein Elend zu sehen, wie schwer es ihm fällt, aufzustehen, sich fortzubewegen. Kein Wunder, dass er unleidlich ist!
Auch Noru ist träger als im Winter. Liegt es an der plötzlichen Wärme und dem Winterpelz, oder an Schmerzen? Wir tasten ihn ab, untersuchen die Pfoten, können aber nichts finden.
Weiter geht’s zu den Kleinteilchen: Kleine Sheela und Große Skady. Vor allem Skady hat sich unglaublich verändert, doch die extravaganten Flecken auf der Zunge machen sie unverwechselbar.
Sheela hat leider entzündete Augen, wir haben ihr sofort Augentropfen verabreicht. Auch wenn es hier so aussieht, sie ist nicht scheu, sondern mag Menschen und ist ein fröhlicher Welpe. Sie wird aber sehr klein bleiben und erinnert ein bisschen an einen King Charles Spaniel.
In diesem Zwinger finden wir auch Kifli, einen winzigen Rüden mit sehr plüschigem Fell, vielleicht 6 Wochen alt, der eine ganz enge Bindung zu Menschen hat. Levente hat ihn mit Welpenmilch groß gezogen und aufgepäppelt. Er ist seit etwa zwei Wochen im Tierheim. Allerdings kann er seine Augen kaum öffnen, er blinzelt nur. Das ist nicht nur eine Konjunktivitis. Da stimmt was nicht. Ich werde ihn Nina zeigen.
Brownies Kinder sind auch hier: die kleine dunkle Berah und der black-tri Rüde Bailey, zwei lustige robuste Welpen, reif für die Welt.
Und nebenan wohnt Igor, zusammen mit seiner Schwester Isfaa, und einem gefühlten Dutzend anderer Junghunde. Es ist bedrohlich eng für alle auf diesen 12,5 Quadratmetern. Soweit sollte es auch gar nicht kommen!. Diese Zwinger waren für Hundemütter mit ihren Jungen gedacht, jetzt aber sitzen hier nur Junghunde auf engstem Raum, und die Stimmung ist sehr schnell gereizt. Nicht jeder Hund kann soviel Nähe ertragen. Igor ist der größte Rüde, er ist wunderschön und kräftig geworden. Seine Schwester Isfaa ist etwas zierlicher. Die Mutter Irina und vier andere Welpen (Imbra, Ilken, Ida und Ziehkind Stella) haben schon ihre Familien gefunden und sind echte Traumhunde. Nun sollten sich doch auch noch die richtigen Menschen für Igor und Isfaa finden lassen!
Es ist schon arg eng für 8 halbwüchsige Hunde, die gerade ihre Positionen austesten
Im dritten ehemaligen Mutter-Kind-Zwinger werde ich mit sehr viel Angst konfrontiert. Nur der kleine Rüde Little Dreamer kommt mir freudig entgegen, die anderen sind misstrauisch bis scheu und verkriechen sich ängstlich in der Hütte. Schade, sie sind so nett. Da ist noch eine Menge Zeit nötig, um sie an unsere Spezies zu gewöhnen.
Von morgens 10 Uhr bis 19.00 Uhr waren wir nonstop im Tierheim unterwegs. Aber ich bräuchte noch so viel mehr Zeit um alle rund 160 Hunde zu “besuchen”, sie zu beobachten und mich soweit mit ihnen zu beschäftigen, dass ich sie einschätzen und beschreiben kann. Daher sind immer noch nicht alle Hunde auf der Homepage aufgelistet.
Abends um 20 Uhr treffen wir uns dann noch mit Agota in ihrem Wohnviertel, um mal nach den Straßenhunden zu sehen. Angeblich sind viel mehr auf der Straße als noch im Februar. Es besteht der Verdacht, dass auch in Gheorgheni Hunde aus anderen Städten ausgesetzt worden sind. Das ist leider ein sehr einträgliches Geschäft, dass vor kurzem auch in einer ARD-Sendung sehr gut beschrieben wurde. Rumänien: Schmutziges Geschäft mit Hundemord.
Einer der schlimmsten Hundefänger Rumäniens, Flavius Barbulescu, hatte ja 2009 in Gheorgheni eine sehr berüchtigte Hundefangaktion im Auftrag des Bürgermeisters der Stadt geleitet. Wir fragen uns, ob der Bürgermeister immer noch mit ihm zusammenarbeitet. Von den Plänen, eine Tierauffangstation zu bauen ist bislang noch gar nichts verwirklicht worden. Hat er vielleicht doch wieder ein “Rundumsorglos-Paket” (Einfangen und Entsorgen) eingekauft, da die Bürger der Stadt durch den absichtlich inszenierten Zuzug immer neuer Hunde genervt sind, sich belästigt fühlen, oder schlichtweg vor so vielen Hunden Angst haben.
Unser Ziel ist natürlich, einzufangen, was sich packen lässt, kastrieren und …. kann man es unter diesen Umständen überhaupt wagen, die kastrierten Hunde wieder in der Stadt frei zu lassen, oder müssen wir Angst haben, dass sie dann umso schnellere und leichtere Beute der Hundefänger werden? Ich weiss es nicht – ich mache mir Sorgen – will mich aber nicht von unseren Zielen abhalten lassen – ich will es selber sehen, was auf den Gheorgheni-Straßen so los ist des Nachts.
Ein Kinderspielplatz, sicher kein optimaler Ort für Straßenhunde, aber die Kinder kennen die Hunde und bewegen sich, so weit ich das beobachten kann, eher locker zwischen den Tieren. Das ist natürlich nur eine winzige Momentaufnahme.
Die schwarze Hündin scheint läufig zu sein, der bunte gefleckte Rüde jedenfalls läuft ihr immer hinterher, durch das ganze Viertel.
Zeitweilig wird sie auch von mehreren Rüden “beschattet”, aber sie scheint noch nicht deckbereit zu sein. Leider ist sie scheu, denn am liebsten würde ich sie sofort einfangen und mitnehmen. Aber sie hält Abstand und lässt sich nicht anlocken. Wir wollen morgen früh beginnen, die Hunde in den Wohngebieten anzufüttern; vielleicht lässt sich ja so das ein oder andere Tier fangen. Doch schon nach diesem abendlichen Spaziergang wird uns klar, dass wir ohne Betäubungsmöglichkeiten mittels Blasrohr relativ wenig Erfolg haben werden.