4. Besuch im Tierheim in Gheorgheni

Sonntag 10. Februar 2013

Die kleine Fairy ist am frühen morgen in Monikas Armen gestorben. Run free little soul …

Juchasz genießt es, im Schnee zu liegen.

Wir sind froh, dass die anderen drei Hundebabys aus Fairys Zwinger noch alle putzmunter sind und gesund wirken.

Die kleine Sheela
Die kleine Silky mit dem seidenweichen Fellchen

und die Hündin Skady

Hoffentlich schaffen sie es über die kritische Zeit! Eigentlich müsste man jetzt den Zwinger gründlich reinigen und desinfizieren, aber an so etwas wie Quarantäne ist hier noch nicht einmal im Ansatz zu denken … Ich bin ja schon froh, dass sie nicht mehr in diesem widerlichen Verschlag auf 2 Quadratmetern hocken müssen. Gegenüber Oktober (siehe Oktoberbericht) ist das enorm besser geworden. Die Welpenzwinger sind relativ neu und komplett überdacht. Die Kleinen haben Stroh in den Hütten und auf dem Boden. Wirklich hygienisch ist das alles nicht, aber immerhin schon besser.

Wir haben drei Welpenzwinger, den einen mit den ganz kleinen 6 – 8 Wochenbabys und zwei mit den 3 bis 4 Monate alten. Abgesehen von den drei verbliebenen Irina-Kindern Isfaa, Igor und Ida kenne ich sie alle nicht. Es sind viel zu viele und sie tapsen gnadenlos im Matsch herum. Und mit diesen Pfoten springen sie freudig an uns hoch …

zum Beispiel Renardo, der kleine Fuchs, er hat schon seine 2. Impfung bekommen

ebenso der kleine Rüde Dreamer, der es sich auf Monikas Arm sofort gemütlich machte,

die kleine Hündin Finaki mit den vielversprechenden Ohren,

oder die Hündin Fanny mit den langen Beinen.

Diese beiden waren noch sehr misstrauisch, aber durchaus neugierig.

Wir haben die ganzen Kleinteilchen mit frischem Stroh beglückt, denn es war doch schon arg matschig in den Zwingern.
Vorher:

nachher:

und neue Kuscheldecken gab es auch noch. Isfaa begutachtet das neue Teil.

Neben den Welpen leben in einem eigenen Zwinger die drei Brüder von Vadolö. Diese vier Hunde waren als Welpen ins Tierheim gekommen, wie so viele andere auch. Doch diese sind einfach nicht “zahm” geworden. Sie wollen nicht angefasst werden, verbellen Menschen und tolerieren nur Levente zum saubermachen und füttern. Selbst Levente, der sonst mit allen Hunden dort gut klar kommt, kann sie nicht wirklich “erreichen”. Untereinander haben sie eine sehr stark ausgeprägte Rangordnung, die mit entsprechender Körpersprache und Zähnen durchgesetzt wird. Ende Mai, als wir sie das erste Mal gesehen haben, saßen die drei Rüden in einem Zwinger von 2,5 x 2,5 m. Das sind nur 6,25 qm für drei mittelgroße Rüden, Tag und Nacht, ohne jeden Auslauf, mit nur einer kleinen Hütte darin. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie sich zerfleischt hätten.

Vadolö, die einzige Hündin aus dem Wurf war in einem anderen Zwinger untergebracht worden und extrem menschenscheu. Die Rüden auf andere Hundegruppen zu verteilen, wollten wir auch nicht ausprobieren. Wir haben daher veranlasst, dass der Zwinger verdoppelt wurde und noch eine zweite Hütte bekam. Das war zumindest schon mal etwas hilfreich, doch noch immer ist die Situation sehr brisant. Ich habe den drei Rüden einfach mal Namen gegeben:

Das ist Kalli (krawalli) der Rangniedrigste der Gruppe. Seine Aufgabe ist es eindeutig, den Aufpasser zu spielen und alles und jeden anzubellen und eine Menge Krawall zu machen.

Wenn es ums Fressen geht, steht er ganz hintenan, sein Job ist schlecht bezahlt. Es gibt immer drei Futterstellen. Sein Bruder Kong hier der mittlere, kontrolliert alle drei Stellen. Bruder Kodi – hier der Hund ganz links – verkriecht sich in der Hütte, vor der auch ein Futterhaufen liegt, und schießt nur hin und wieder heraus, um sich ein paar Brocken zu holen, weil Kong ja nicht immer überall sein kann; der geduckte Hund vorne rechts ist Kalli.

Kong und Kalli

Kodi, jetzt der hintere der beiden Hunden wagt sich immer wieder an die hintere Futterstelle, was Kong, solange er noch nicht satt ist, nicht toleriert. Er nagelt Kodi regelrecht in der Ecke fest mit ernst gemeintem Drohen, wie Blecken der Zähne bei aufgestellten Ohren und aufgerichteter Rute. Kodis Rute ist unter seinem Bauch, er kann nicht weiter nach hinten ausweichen und droht zurück mit angelegten Ohren.

So interessant das einerseits zu beobachten ist, so gefährlich empfinde ich es auch. Ich weiss nicht, ob sie sich irgendwann richtig verbeissen, aber eins steht fest, dass sie permanent gestresst sind, und wenn dieser ganze Stress sich mal entlädt ….

Agota meint immer nur resigniert: “One day they will kill each other.

Barbara und ich haben uns schon viele Gedanken gemacht, wie die Situation zu entschärfen ist. Vielleicht sollten wir Kodi, der sich gegen Kalli meist neutral verhält einfach mal unter Aufsicht in den Freilauf lassen. Dort lebt jetzt auch Vadolö und ist richtig glücklich. Sie ist mehr und mehr bereit, sich den Menschen zu nähern. Es war ein schönes Erlebnis zu sehen, dass sie sich sogar mal für Spielzeug interessiert und mit einem anderen Hund gemeinsam Tau ziehen spielte.

Am besten wäre es natürlich, diese Hunde frei zu lassen. Sie sind kastriert, geimpft, nur leider sind Agota und Levente der festen Überzeugung, dass sie draussen in Gefahr sind: “They will not survive outside, they were only puppies, when they came in, they don’t know how to find food”. Ich bin da anderer Meinung: Man sollte sie frei lassen, für den Anfang eine Futterstelle nahe beim Tierheim anbieten, vielleicht auch einen Wetterschutz, und sehen, was geschieht…

Ich frage mich zudem, ob beim dem Wurf nicht auch ein Wolf beteiligt war. Es kommt in Rumänien, wo die Wölfe im Winter bis in die Dörfer kommen, durchaus vor, dass sich Hund und Wolf verpaaren, so die Aussage eines erfahrenen rumänischen Tierarztes. Diese Mischlinge sind of schwer zu zähmen und halten sich von den Menschen eher fern.

Gegen Mittag beginnt es zu schneien, erst wenig, dann immer heftiger. Wir wollen noch Hunde chippen, denen wir wünschen, dass sie bald ein Zuhause ausserhalb des Tierheims finden. Zum Beispiel unsere Mai-Geborenen wie Anjalis Kinder Aladin, Amira, Alma und ihre Freunde, aber auch Djai, Tappancs, Coffee, Orias, Moni, Serwes, Anya, Bogyan, Hopihe, Lisa, Dalma, Pinky und die drei ganz neuen Hunde Icy, Yellow und Indiana.

Doch zuvor wartet noch ein anderes Projekt auf uns: Der Zwinger für die Tapsi-Gang, in der jetzt Icy, Yellow und Indiana leben, ist endlich fertig geworden für die fünf großen kräftigen Hunde (siehe Seite 1). Sie sollen umziehen, Icy, Yellow und Indiana kommen in den überdachten Bereich. Vielleicht ist das für sie nicht soooo schön, aber die anderen sind schon so lange dort eingezwängt und haben auch schon viele Aggressionen angestaut. Ihr neuer Zwinger ist mehr als doppelt so groß, die Hütte ist riesig und sie sind im Freien. Dafür sind diese Hunde bestens ausgestattet.

Icy, die im Dezember halb erfroren und verwundet an einer Straße gefunden wurde,

Jetzt geht es ihr besser, sie ist unendlich lieb und zutraulich

Yellow

und Indiana, deren extravagantes Öhrchen Levente an eine Indianerfeder erinnert. Daher ihr Name.
Sie ist noch schüchtern und fürchtet sich ein bisschen vor allem.

Jetzt kommt die Tapsi-Gang, befreit aus ihrem dunklen engen Zwinger. 
Zum ersten Mal sehe ich, was für wunderbare Hunde das sind: 
Das ist Tapsi. Auch wenn der Name an einen Dackel erinnert, dieser Hund ist etwa 65 cm groß, jung und kräftig.

Tapsi im Hintergrund, Torsten vorne

Die einzige Hündin in der Gruppe: Kaya

Tyler

Kolya, dem es inzwischen schon wieder besser geht

nochmal Tyler
und Kolya

Sie haben Spaß, freuen sich über den Schnee, nur die kleine Perec im Nachbarzwinger ist erbost über die wilden Kerle.

Seit gestern Nachmittag haben wir 50 Hunde gechipt. Die haben jetzt also eine Identität. Einen herzlichen Dank an unsere SpenderInnen! Weitere 50 haben wir noch in Reserve, die während der nächsten Kastraaktion eingesetzt werden.

Jetzt kommen die Hunde schon freiwillig ins Tierheim, so wie dieser junge Rüde, der schon seit dem Morgen hier herumlungert, immer mal näher kommt, lustige Faxen macht, wieder weghüpft, um dann beim nächsten Mal noch näher zu kommen. Natürlich bekommt er Futter von uns. Soll er doch kommen und seine Kumpels aus der Stadt mitbringen. Dann muss der Bürgermeister auch keine Hunde mehr wegfangen und einsperren. Hier im Gewerbegebiet stören sie doch niemanden.

Es schneit immer weiter und weiter und weiter … wir chippen im Akkord, Levente und Agota fangen die Hunde, Monika bereitet die Spritzen vor, schreibt die Namen der Hunde auf und ich pikse die armen Viecher. Vorher ein Handy-Foto von den neuen Hunden, dann chippen, dann mit dem Lesegerät kontrollieren, ob auch alles stimmt.

Levente mit z.B: Nyeszlett, Chipnummer 276094180099569

Irgenwann ist es soweit, dass ich versuche mit dem Lesegerät zu knipsen und mit dem Handy die Transpondernummern zu lesen. Das geht natürlich nicht, ausserdem wird es dunkel. Also hören wir auf. Noru hat sich schlafen gelegt und mein Objektiv ist beschlagen. Ihm macht die Witterung nichts aus, der Pelz ist dick und der Winterspeck wärmt ihn.

Auch in der Nacht hat es weiter geschneit, am nächsten Morgen erleben wir Schneeräumung auf rumänisch: Zwei Männer stehen auf einem Trecker-Anhänger mit Schneepflug vorne dran und schaufeln im Sekundentakt Salz und Split auf die Straße. Funktioniert auch.

Fahrt durch die Karpaten

Wieder sind 4 Tage um, rund 1300 Fotodateien und etwa 400 Bilder auf dem Handy warten auf Bearbeitung. Langeweile hatten wir zu keinem Zeitpunkt. So ein Tierheim ist wie ein Fass ohne Boden, die Arbeit ist nie zu Ende, es ist irgendwie unvorstellbar, wenn man noch nie selber dort war!! Aber jeder tierliebe Mensch ist herzlich Willkommen, mal mitzufahren.

Wie immer war es eine emotionale Achterbahnfahrt, bestehend aus wunderschönen Erlebnissen, sehr traurigen Ereignissen, stressigen und nervigen Dingen, zum ersten Mal die direkte Begegnung mit der Lokalpolitik, und ein weiteres Problem, das sich vor uns auftürmt, das “Tierheim” von Gabriella. ….

Völlig ungeklärt ist zudem was aus unserem jetzigen Tierheim wird, wo und wie ein neues errichtet wird.  Wir wissen nur, das ab April damit begonnen werden soll, das Gelände vorzubereiten. Das ist allerdings sehr vage. Unser Ziel, etwas Konkretes mit dem Bürgermeister zu vereinbaren, einen Vertrag für GATE zu bekommen haben wir nicht erreicht. Bisher haben wir nur Absichtserklärungen. Agota und Levente sind verzweifelt, Claudiu sieht dies als ganz gute Ausgangsbasis an und ist weit weniger pessimistisch, ich selber bin hin und her gerissen. Dumm ist nur, dass man nichts planen kann. Irgendwie befinden wir uns in der Schwebe. Es macht ja keinen Sinn, eine kleine Praxis in einem Haus einzurichten, von dem man nichtmal weiss, ob man es im Sommer noch benutzen kann. Wir leben von jetzt auf gleich, füttern die Hunde, entwurmen, impfen und entflohen sie und warten ab.

Manchmal möchte man verzweifeln, alles hinwerfen …. was kümmern uns eigentlich die rumänischen Straßenköter?

Warum wir trotzdem immer weitermachen erklärt vielleicht diese Fotoserie

Nun möchte ich mich zum Schluss bei allen bedanken, die das bis hierhin gelesen haben.

Vor ziemlich genau 12 Monaten “An einem nasskalten Samstag Anfang März 2012” haben wir uns zum ersten Mal zusammengesetzt, um über die Gründung einer Initiative zur Unterstützung des Tierschutzes in Rumänien nachzudenken. Wir hoffen, dass wir bald ein eingetragener gemeinnütziger Verein sind.

Wir hätten uns damals nicht im Traum vorstellen können, wie viele Menschen uns bis jetzt schon mit allen möglichen Mitteln unterstützen, uns immer wieder Mut machen und regen Anteil an unserer Arbeit nehmen!

Nur so können wir weitermachen, und für unsere fantastischen Karpatenstreuner kämpfen. Wir haben inzwischen rund 40 Hunde in ein Zuhause vermittelt, Menschen und Hunde sind glücklich miteinander, wie uns die zahlreichen schönen E-Mails immer wieder bestätigen.

Wir danken Euch und Ihnen von ganzem Herzen.