Samstag 9. Februar 2013
Es hat wieder geschneit über Nacht. Schön sieht das aus und es wird sicher noch mehr dazu kommen.
Jetzt bin ich schon so oft an diesem Häuschen auf dem Weg zum Tierheim vorbei gekommen, weiss aber immer noch nicht, was es damit auf sich hat. Die Gedanken eilen den Füßen voraus:
Gestern schon wirkte die kleine Fairy ein bisschen matt und müde. Eigentlich wollte ich ihr da schon etwas zur Stimulierung des Immunsystems spritzen, aber in der ganzen Aufregung haben wir es vergessen.
Heute morgen sieht die Kleine sehr schlecht aus, sie ist heiss und gibt leise stöhnende Geräusche von sich. Verdammt …. ich weiss es sofort: Parvovirose. Ich zeige sie Levente, der meint, das das ganz sicher kein Parvo ist, sie sei eben ein ruhiger Welpe. Will er das nicht sehen, oder kann er es nicht? 39,4 Fieber, schon leicht dehydriert. Wir beginnen die übliche Behandlung mit Immunstimulanz, Vitaminen, Homöopathie entsprechend der aktuellen Symptome und Infusionen mit Ringer Lactat. Die kleine Hündin friert, sie darf am Ofen liegen. Lieber Himmel, sie darf nicht sterben. Wir versprechen ihr einen Pflegeplatz, sobald sie ausreisebereit ist. Halte durch, kämpfe kleine weisse Fee!
Jeden Samstag ist das Tierheim für Interessenten geöffnet. Hundeadoption auf rumänisch: wir suchen einen Hund. Er soll groß sein und laut bellen. Die Männer suchen sich einen Mioritic-Mischling aus, den ich bisher nur vom Sehen kenne. Er hat noch keinen Namen. Sie versprechen, dass er nicht an der Kette gehalten wird. Levante behandelt ihn gegen Flöhe und Würmer. Ich bestehe darauf, ihn noch zu chippen. Agota macht den Abgabevertrag fertig. Der Hund kommt in den Kofferraum. Wir geben noch eine Decke dazu, er soll es wenigstens ein bisschen schön haben. Nach 45 Minuten ist alles erledigt, die Männer fahren mit dem Hund weg und Agota weint bittere Tränen.
Sie hängt ihr Herz an jeden Hund, und gibt ihn nur ab, weil es nicht anders geht, wir können nicht jeden Hund behalten. Ich wünsche dem Schönen ein gutes Wachhundleben.
Hundekauf ist Männersache, aber nicht jeder bekommt einen Karpatenstreuner! Bei einem anderen Männertrio habe ich Orias mal eben zwei Jahre älter gemacht, weil uns die Herren überhaupt nicht gefielen. Da war sie ihnen zu alt. Hoffentlich finden wir endlich was für die ältere Lady. Die anfangs so deprimierte und abweisende Hündin hat sich gut entwickelt und liebt die Menschen inzwischen sehr.
Nach zwei Stunden ist Fairys Fieber gesunken, Hoffnung. Wieder traktiere ich das kleine kranke Wesen mit Spritzen. Sie tun ihr weh, aber sie nimmt es mir nicht übel. Intensivbehandlung stündlich.
Auf unserer To-Do-Liste steht noch das Chippen von etwa 50 Hunden, damit sie vorbereitet sind, wenn wir eine Pflege- oder Endstelle für sie gefunden. Von den Spendengeldern für Identitäten, konnte ich 100 Transponder kaufen, 50 habe ich jetzt dabei, weitere 50 für die kommende Kastra-Aktion im April. Wir bedanken uns ganz herzlich bei den SpenderInnen!!!
Die Junghunde, die leicht einzufangen und zu halten sind, können Monika und ich alleine “bearbeiten” aber bei den älteren und größeren muss uns Levente helfen, denn das Setzen eines Chips mit einer Injektionsnadel von 2,1 mm Durchmesser kann gemein weh tun. Je älter der Hund, desto härter ist meist die Haut, und desto schwieriger und schmerzhafter kann es sein.
Im Laufe der Zeit sollen alle Hunde im Tierheim gechippt werden, dadurch sind sie identifizierbar, denn es kommt immer wieder vor, dass ein in Rumänien vermittelter Hund zurückgebracht wird, weil er z.B. nicht bellt, wie gewünscht. Und manches Mal sind die Hunde kaum wieder zu erkennen, vor allem wenn sie bei der Adoption noch sehr jung waren.
Igor, Ida und Isfaa werden gechippt. Sie sind die Welpen von Irina, die inzwischen in Deutschland ein Zuhause gefunden hat, ebenso wie ihre beiden Kinder Imbra und Ilken und Ziehkind Stella. Wir hoffen, dass die anderen drei auch bald ausreisen können.
Der kleine Donald und seine Mutter Daisy, die im Oktober noch ganz schlimm aussah und völlig entkräftet war:
Für Alma, Anjalis Welpe, haben wir eine Familie gefunden
und Mary-Lou, die rechte im Bild, hat eine Pflegestelle. Auch sie wird gechippt und hat damit eine amtliche Identität.
Für 16.00 Uhr haben wir ein Treffen mit Gabriella S. vereinbart. Sie bringt eine Freundin mit, Mona, die sehr gut deutsch spricht, und für uns übersetzen wird. Gabriella hat ein “Tierheim” mit ca. 30 – 35 Hunden direkt neben unserem Gelände.
Schon oft habe ich über den Zaun geschaut, und fand diese Art Tierheim schlimm, alle Hunde werden entweder an Ketten gehalten oder sind in winzige Verschläge gepfercht. Im Sommer ging das noch, die Zahl der Hunde war überschaubar, aber was ich jetzt sehe, ist Chaos, Dreck und dazwischen Hunde. Angebunden gerade so, dass sie sich nicht gegenseitig beissen können. Die Tiere wirken reichlich vernachlässigt. Ich weiss nicht, ob das noch Tierschutz ist?
Einige Hündinnen und Rüden sind zudem unkastriert. Ich will nicht wissen, was geschieht, wenn eine Hündin demnächst dort läufig wird, für mich ist das eine spezielle Art von Animalhording, sie mag die Hunde und ist überzeugt, dass sie es richtig macht, obwohl ihr schon viele Freunde gesagt haben, dass das Tierquälerei ist. Auch ihre Freundin Mona, die erzählt, dass Gabriella völlig überfordert ist, und daher die Hunde auch nicht jeden Tag gefüttert werden. Seit dem letzten Saubermachen ist auch schon einige Zeit vergangen. Ja, die Hunde sind hier “sicher”, wie Gabriella sagt, aber kreuzunglücklich, ist meine Meinung dazu.
Dieser Hund rennt in einem fort rund um seine Hütte, soweit die Kette reicht. Er kommt niemals irgendwo an, bis er erschöpft aufgibt.
Bobby war im Sommer zur Behandlung nach einer schweren Operation in einem Zwinger in Agotas Tierheim.
Vor drei Tagen per Kaiserschnitt zur Welt gekommen. Hoffentlich hat er eine Chance.
Gabriella mag ihre Hunde, und sie sind auch zutraulich zu ihr, doch sie kommt vielleicht einmal am Tag, die andere Zeit sind sie alleine, jeder für sich an der Kette …
Während wir auf dem Gelände sind, gibt sie den Hunden Wasser und stopft ihnen Stroh in die Hütten. Das Stroh liegt jedoch draussen und ist feucht.
Wir fühlen uns ratlos und wissen nicht, wie wir Gabriella und diesen Tieren helfen können. Das Naheliegendste, nämlich die beiden nebeneinander liegenden Tierheime zu vereinen, kommt nicht in Frage, da sich Agota und Gabriella nach einer Zeit der Zusammenarbeit inzwischen spinnefeind sind. Wir jedoch sind auch nur ein winziger Verein und haben mit unserer einen Aufgabe schon mehr als genug zu tun.
Hätte ich nur nicht über den Zaun geguckt …
Hätte ich nur nicht auf Gabriellas E-Mails gentwortet …
Hätte ich nur keinen Termin mit ihr vereinbart …
Hätte ich nicht in Venus’ oder Bobbys … Augen gesehen …
und niemals hätte ich das verfilzte Seidenfellchen von Linda streicheln dürfen…
Auf jeden Fall können wir ihre noch unkastrierten Hunde bei unserer nächsten Kastra-Aktion mit dem Tierärzte-Pool mit behandeln lassen. Aber dazu brauchen wir Eure Hilfe!
Weitere Bilder aus Gabriellas Tierheim
Jetzt müssen wir wieder nach Fairy sehen. Das Fieber ist wieder angestiegen. Sie bekommt Medikamente, Infusionen und all unsere Liebe. Aber mehr können wir nicht tun.
Am Abend nehmen wir sie mit ins Hotel, ihre Chancen stehe fünfzig zu fünfzig Prozent. Ihr Durchfall wird immer heftiger. Das Fieber steigt auf über 40°C. Die Chancen gehen gegen Null … Ich hatte Monika “gewarnt”, aus reinem Selbstschutz das Tierchen nicht mitzunehmen. Ich weiss wie schlimm das alles sein wird. Aber sie wollte es trotzdem. Sterbebegleitung für einen kleinen weissen Welpen, den wir seit gerade drei Tagen kennen …
Morgen will ich noch rund 35 Transponder setzen. Es gibt keinen wirklichen Zwang, das zu tun, aber es ist ein Ziel, man möchte etwas haben woran man seinen Erfolg messen kann. Die Zeit vergeht hier immer wie im Flug, so viele Pläne kann man haben, so wenige dann nur umsetzen.
Das war kein schöner Tag, nichts wirklich Erfreuliches.
Selbst jetzt und hier in Essen umgeben von meinen gesunden zufriedenen Hunden, während ich das alles für das Internet wieder aufschreibe und durchlebe, geht es mir sehr schlecht dabei. Sheila will dauernd auf meinen Schoß krabbeln. Ich muss jetzt ein bisschen mit ihnen spielen. Dann geht es wieder besser.